Deutsch-Tschechische Konferenz 2020

20.05.2020

Reise aus dem Schatten des Weißen Berges

Die deutsch-tschechische Konferenz der SAG im Jahre 2020 zum Thema "White Mountain 1620-2020" erinnerte an die schicksalhafte Schlacht und gedachte der Opfer des alten Konflikts und der konfessionellen Konflikte im Allgemeinen.

Vor vierhundert Jahren prallten einige Kilometer außerhalb des damaligen Prags zwei Armeen aufeinander, zufällig und weitgehend unbeabsichtigt. Dennoch wurde die Schlacht am Weißen Berg zu einem Wendepunkt nicht nur in der Geschichte unseres Landes und damit auch Europas, sondern auch in der Geschichte der Kirche. Aus diesem Grund wurde genau diese Schlacht zum Thema unserer deutsch-tschechischen Konferenz, welche am zweiten Februarwochenende in Prag stattfand. Das Programm war vollgepackt mit interessanten Vorträgen und anregenden Diskussionen und beinhaltete unter anderem auch den Besuch eines alten Schlachtfelds.

Unser Ziel war es, der schicksalhaften Schlacht zu gedenken und insbesondere ihre Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen den verschiedenen Konfessionen vom siebzehnten Jahrhundert bis heute zu beleuchten. Dazu ist es jedoch angebracht, die militärische Begegnung zunächst in den größeren religiösen, sozialen und politischen Kontext ihrer Zeit einzuordnen. Am Freitagabend übernahm Professor Jan Royt, Kunsthistoriker und Vizerektor für kreative und redaktionelle Aktivitäten an der Karlsuniversität, diese Aufgabe. Sein Vortrag war voller interessanter Zusammenhänge und kleiner Details, die den Saal in eine Zeit vor vier Jahrhunderten versetzten.

Professor Stefan Samerski von der Ludwig-Maximilians-Universität in München, der am Samstagmorgen die Bühne betrat, ist ein ähnlich charismatischer Redner. Obwohl er kein Militär-, sondern ein Kirchenhistoriker ist, sprach auch er über den Verlauf der Schlacht selbst. Diese erzählte er so spannend und anschaulich, dass mehr als ein Zuhörer den schneidenden Geruch von Schießpulver und das kalte Wasser in seinen Stiefeln riechen konnte, als er durch den Morgennebel den Bach hinunter in Richtung der befestigten Stellungen der Truppen von Estates watete.

Professor Samerski erläuterte auch den in der Einleitung erwähnten Umstand, dass die beiden Armeen gar nicht aufeinandertreffen wollten. Die damalige Doktrin sah ein monatelanges Manövrieren der Truppen vor, bevor einer Seite die Puste oder das Geld für die Verpflegung ausging. Der kaiserliche Befehlshaber, der erfahrene flämische General John Tserclaes Tilly, vertrat jedoch die notorisch zynische Ansicht, dass es billiger sei, Tausende von Männern auf dem Schlachtfeld sterben zu lassen, als sie den ganzen Winter über und für wer weiß wie lange zu ernähren, zu kleiden und zu bewaffnen. Er hätte sich nicht durchsetzen können, wenn nicht ein Karmeliter mit einem Bildnis der Muttergottes von Strakonice, deren Augen angeblich von den protestantischen Soldaten ausgestochen wurden, in die katholischen Lager eingedrungen wären.

An die Ausführungen des Professors schloss sich eine Diskussion an, die von Pater Martin Leitgöb, Pfarrer der deutschen römisch-katholischen Gemeinde in Prag, moderiert wurde. Neben ihm saßen Professor Samerski, der Präsident des Ökumenischen Rates der Kirchen und der Synodenälteste der CCE, Daniel Ženatý, auf dem Podium. Und die Gründerin unserer Gemeinde, Helena Faberová, in den Worten von Pater Leitgöb "die Mutter Courage der Ökumene" in Anlehnung an Bertold Brechts Stück, das während des Dreißigjährigen Krieges spielt. Das Thema der Diskussion war die Ökumene in der Praxis. Anschließend zogen die Teilnehmer von Vršovice nach Bílá Hora, wo Schwester Francesca Šimuni auf sie wartete, um sie durch das Klostergelände zu führen.

In der Kirche in Bílá Hora wurde dann, angeleitet durch den geistlichen Berater der SAG, Mons. Adolf Pintíř und der Pfarrerin Elisabeth Veronika Förster-Blume von der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde in Prag, eine ökumenische Vesper für die Opfer konfessioneller Konflikte und die Versöhnung zwischen Christen gehalten. Der nächste Programmpunkt war ein Sonntagsvortrag von Dr. Martin Vaňac vom Ökumenischen Institut der Karlsuniversität, der in eine Diskussion mit Dr. Stanislav Pribyl, Generalsekretär der tschechischen Bischofskonferenz, und Gerhard Frey-Reininghaus, ehemaliger Leiter der Ökumenischen Abteilung und Leiter der Abteilung für Außenbeziehungen der CCE, überging. Unter der Moderation von Schwester Šimuniová sprachen sie über die Ökumene heute.

Am Ende der Konferenz betonten der Präsident unserer Vereinigung, Daniel Herman, und der Vizepräsident, Petr Křížek, die besondere Atmosphäre die während des Treffens herrschte und die wertvollen Anregungen hervorgebracht hat. Unsere alljährliche Veranstaltung hat bereits einen festen Platz in zwei Kalendern. Sie ist eine wichtige Plattform, auf der Fragen des Glaubens, der Kirchengeschichte und der Stellung des Christen in der heutigen Welt diskutiert werden. Zugleich ist sie eine wichtige Gelegenheit für deutsch-tschechische Begegnungen und die grenzüberschreitenden Beziehungen. Wir sammeln bereits Anregungen für die nächste Ausgabe der Konferenz Anfang Februar nächsten Jahres.

Jaroslav Ostrčilík, Vorstandsmitglied der SAG