Sommerwoche 2021

01.09.2021

Von 1.8.-8.8. fand in Prag die deutsch-tschechische Sommerwoche statt. Wer nicht dabei sein konnte, sollte den Bericht von Vojta Krusberský lesen, an dem wir uns ganz herzlich Bedanken für seine schöne Zusammenfasung. Für die finanzielle Unterstützung möchten wir uns ganz herzlich bei DTZF und Go East bedanken.



Als ich am Sonntagnachmittag vom Prager Hauptbahnhof ins Křesťanský dům mládeže (KDM) gelang, ging ich zu den anderen in den Clubraum. Obwohl ich so die Hälfte schon von früheren Begegnungen kannte und sie sehr gerne wieder sah, war ich ein bisschen unsicher. Naja, meine erste Begegnung nach fast zwei Jahren, sagte ich mir. Das Gefühl ist aber noch an demselben Tag verschwunden im vielfältigen Programm in den vielen Gesprächen mit sowohl alten als auch neuen Bekannten.

Und zwar ging es los mit den Kennenlernspielen, da unter uns auch neue Gesichte waren, nach dem ersten Abendessen genossen wir zusammen den Abend auf der Terrasse mit Gruppengesprächen, Cider oder Bier in der Hand und nicht zuletzt einem wunderschönen Blick auf die gegenüberstehende St. Barbara Kirche.

Nach dem Frühstück am Montag gab es für Junge Aktion typischen Programmpunkt - sogenannte Statio, anders gesagt ein kurzer spiritueller Impuls, in dem normalerweise ein Gedanke aus einem Lied, einem Text oder ähnlichem präsentiert und zum Nachdenken gestellt wird. Dann begann schon die Einführung in unseres Wochenthema - Nachhaltigkeit. Da diskutierten wir in Gruppen über vier vorbereitete Fragen zu diesem Thema. Am Nachmittag dieses regnerischen und ziemlich kalten Tages bekamen wir zwei Vorträge. Den ersten mit einer Angestellten des Geschäfts "Bez obalu" - auf Deutsch "Verpackungsfrei" - im Rahmen dessen stellten wir fest, wie man im alltäglichen Leben zu einer besseren Umwelt beitragen kann und wie man zusätzliche Verpackungen vermeidet. Nachher gingen wir zum Rathaus des Prager Stadtteils Žižkov, um uns den zweiten Vortrag von einem Vertreter der Grünen Partei in Tschechien anzuhören. Wir stellten fest, wie man grüne Politik auf der kommunalen Ebene umsetzt oder warum die Partei in Tschechien nicht gerade erfolgreich ist. Obwohl ich persönlich nicht ein Anhänger der Partei bin, war es für mich eine interessante Ansicht aus einer ungewohnten Perspektive. Abends bereitete sich das Team für uns ein deutsch-tschechisches Pubquiz für Gruppen vor. Da ich Wettbewerbsaktivitäten immer mag, hat mir dieser Programmpunkt sehr gefallen.

Am Dienstag war nach dem Frühstück und Statio ein Ausflug angesagt. Die meisten fuhren mit geliehenen Fahrrädern, der Rest mit dem Zug. In unserer Zieldestination Černošice entspannten wir uns und jeder nach seinem Geschmack die Zeit verbrachte - es wurde gegessen, geplaudert, gebadet im Fluss, Frisbee geworfen, Kartenspiele gespielt... Nach der Rückkehr und Abendessen gab es Kinoabend - wir sahen uns ein Dokument über die dunklen Aspekte der Fischerei an.

Am Mittwochvormittag gab es meiner Ansicht nach einen der wichtigsten Programmpunkte - eine Stadtführung durch Prag. Es ging aber um keine übliche Stadtführung - ein obdachloser Mann Namens Roman zeigte uns die Orte, die mit seinem Leben und allgemein mit Leben der Prager Obdachlosen fest verbunden sind, wobei er uns seine persönliche Geschichte erzählte. Es handelte sich um nicht immer ein angenehmes, aber sehr starkes Erlebnis. Unseres Mittagessenpacket aßen wir dann im Park, um dann in zwei Gruppen am Workshop im Second Hand Papiergeschäft teilzunehmen, im dessen Rahmen wir uns ein Heftchen bastelten, es ging auch um eine interessante Erfahrung. Ein Teil des Nachmittags verbrachten wir auch in einem Café. :-) Der Abend mit einem Statio und dem Spiel "Werwölfe" war ein angenehmer Ausklang des Tages.

Donnerstags Morgen begann früher als sonst - wir fuhren nämlich zum Bio-Bauernhof České Kopisty, um uns anzusehen und selbst ein bisschen zu versuchen, wie so ein Bauernhof funktioniert. Vormittags war Möhrenernte geplant, aber wir blieben auf dem Feld nicht lange - es fing an stark zu regnen, deshalb verschoben wir uns unter den Dach in eine Scheune, wo wir Zwiebeln bearbeiteten. Danach bekamen wir ein sehr leckeres Mittagessen und wurden durch die Räume und Gebäuden des Bauernhofs geführt, währenddessen regnete es zum Glück nicht. Wir hörten auch etwas von der Philosophie des Bauernhofs, an dem auch mit geistlich behinderten Menschen gearbeitet wird, also sind dort nicht die bio-landwirtschaftlichen, sondern auch die sozialen Aspekte anwesend und betont. Später hat es wieder geregnet, deshalb arbeiteten wir wieder auf den Zwiebeln oder darauf, den Kraut von den Karotten zu entfernen. Der Tag am Bauernhof war ein ungewöhnliches Erlebnis, man sah da, dass die Mitarbeiter ihre Arbeit wirklich sehr enthusiastisch machen. Nachdem wir zurück nach Prag kamen, zu Abend aßen und ein Statio hatten, gingen einige von uns noch an die Moldau ein Bier zu genießen.

Den Freitagvormittag verbrachten wir draußen, denn wir erkundeten im Rahmen einer Stadtrallye die Prager Innenstadt, indem wir immer einen Pfeil verfolgten, der uns zu verschiedensten kleinen Aufgaben brachte. Nachmittags diskutierten wir kurz darüber, wie wir das Programm für Kinder auf den nächsten Tag gestalten und danach ging es schon los an die Moldau. Dort gab es ein Happening unseres Dachverbands, der Ackermann-Gemeinde (AG). Es bestand in einer Wette um einen Fass Bier mit Jakub Kulhánek, dem Außenminister Tschechiens, ob die AG fähig ist, 27 Boote mit allen Flaggen der EU-Staaten auf den Fluss gleichzeitig zu bringen. Also besetzten wir zusammen mit den Mitgliedern der AG die Boote, nahmen Flaggen und fuhren los in der Anwesenheit des Ministers. Schlussendlich waren sogar 29 Boote auf der Moldau mit allen Flaggen, deshalb gewann die AG die Wette und öffnete direkt nach dem Happening den Fass mit dem Bier. Also verbrachten wir noch einige Zeit am Fluss und sind dann zurück zur Unterkunft zum Abendessen gegangen. Am Abend war frei - einige von uns sind zum von der AG organisierten Konzert gegangen.

Samstag verlief im Sinne der Feier des 75. Jubiläums der AG und auch der JA, da beide Organisationen im Jahre 1946 gegründet wurden. Die Veranstaltung fand auf dem Prager Vyšehrad statt und begann mit einem Gottesdienst in der altertümlichen Basilika. Nachher startete ein sehr vielfältiges Programm, der verschiedene Diskussionen, Vorträge, Präsentationen der Partnerorganisationen und Kreativ- und Kinderaktivitäten umfasste. Zu dem Kinderprogramm trugen wir auch als die JA-Gruppe organisatorisch bei. Das Beste an der Veranstaltung war für mich aber die Möglichkeit viele bekannten Gesichte oft nach einer langen Zeit zu sehen und mich mit den Leuten zu unterhalten. Das hat den ganzen Tag gedauert, wir gingen dann nur zum Abendessen, um uns abends mit der AG wieder in einem Wirtshaus zu treffen und die Gemeinschaft noch zu erleben.

Am letzten Tag - Sonntag - wurden Sachen gepackt und eine Reflexion vom Programm gemacht, dann mussten wir uns schon langsam von uns verabschieden, denn die tolle Woche kam zum Schluss. Ich persönlich war am Ende sehr froh, an der Sommerwoche teilgenommen zu haben. Es machte mir Spaß, alte Freunde und Bekannten zu treffen, sowie auch neue Leute kennenzulernen, wie eigentlich immer bei der JA. Aber nicht nur das - der freundliche Obdachlose mit seiner traurigen, aber interessanten Geschichte, der Tag am Bauernhof oder die Jubiläumsfeier bleiben auch stark und lange in meinem Gedächtnis.